27. Mai 2025 - Sebastian Evers
Solid State Drives (SSDs) bieten gegenüber klassischen Festplatten viele Vorteile: Sie sind (bis auf QLC-SSDs meist) schneller, leiser und mechanisch robuster. Doch bei der Datenrettung bringen sie neue Herausforderungen mit sich – insbesondere durch den sogenannten TRIM-Befehl. In diesem Beitrag erklären wir, was TRIM ist, wie er funktioniert und warum er bei gelöschten oder formatierten SSDs eine Datenwiederherstellung oft unmöglich macht.
TRIM ist ein ATA-Befehl, mit dem das Betriebssystem dem SSD-Controller mitteilt, welche Datenblöcke nicht mehr benötigt werden – etwa nach dem Löschen von Dateien oder einer Formatierung. Der Controller markiert diese Blöcke daraufhin als „frei“. Im Leerlauf sorgt die Garbage Collection dafür, dass diese Speicherbereiche physisch gelöscht werden, sodass sie für neue Daten sofort verfügbar sind. Da eine SSD nicht einzelne Sektoren schreiben kann, sind gesamte leere Blöcke wichtig. Ein derartiger Löschblock besteht meistens aus 64 Pages, die wiederum aus 16-32 Sektoren bestehen.
Ziel des TRIM-Befehls ist es, die Schreibgeschwindigkeit zu erhalten und die Lebensdauer der Speicherzellen zu verlängern. Ohne TRIM müsste der Controller bei jeder Schreiboperation erst prüfen, ob der jeweilige Block leer ist und diesen ansonsten einlesen, verändern und komplett neu schreiben – was den Vorgang verlangsamen würde.
Je nach Schnittstelle hat der Befehl unterschiedliche Bezeichnungen:
NAND-Flash-Speicher – die Grundlage moderner SSDs – kann nur in ganzen Blöcken gelöscht werden. Beim Überschreiben bereits belegter Speicherzellen muss der Controller den gesamten Block in den Cache laden, ändern und zurückschreiben. TRIM ermöglicht es dem Controller, ungenutzte Blöcke gezielt vorab zu löschen und so diesen aufwendigen Prozess zu vermeiden.
Zusammen mit dem sogenannten Wear Leveling – einem Verfahren zur gleichmäßigen Abnutzung der Speicherzellen – sorgt TRIM für eine effiziente und nachhaltige Speicherverwaltung.
TRIM wird von allen modernen Betriebssystemen unterstützt:
Auch bei SSDs, die über USB angeschlossen sind, ist TRIM möglich – vorausgesetzt, der USB-Adapter unterstützt das sogenannte UASP-Protokoll (USB Attached SCSI Protocol), das TRIM in den UNMAP-Befehl übersetzt.
Der TRIM-Befehl löscht Daten nicht unmittelbar – er entfernt deren Verweise im Dateisystem. In der Praxis beginnt der Controller jedoch sofort damit, diese als „frei“ markierten Blöcke im Hintergrund zu löschen – meist schon beim nächsten Leerlauf oder bei anliegender Stromversorgung. Die Folge: Gelöschte oder formatierte Daten auf SSDs sind oft bereits nach wenigen Sekunden dauerhaft verloren.
Wird TRIM aktiv genutzt, ist eine Datenrettung nur noch in Ausnahmefällen möglich, entweder wenn eine der Komponenten Betriebssystem, Controller, Firmware den Befehl doch nicht richtig programmiert hat, oder insbesondere dann, wenn die SSD verschlüsselt ist oder herstellerspezifische Verfahren wie Kompression oder XOR eingesetzt werden. Selbst ein sogenannter „Chip-Off“, also das Auslesen der einzelnen Speicherchips unter Laborbedingungen, führt bei modernen SSDs oft ins Leere, da die Rohdaten von den meisten SSD-Controllern inzwischen hardwareseitig mit AES-256 verschlüsselt gespeichert werden.
Einige moderne Festplatten mit sogenannter Shingled Magnetic Recording-Technologie (SMR) unterstützen ebenfalls TRIM – etwa:
Bei diesen Laufwerken hilft TRIM, die komplizierten internen Abläufe bei der Datenverwaltung zu optimieren. Allerdings kann eine Formatierung auch hier dazu führen, dass zentrale Verwaltungsstrukturen wie der „Second Level Translator“ gelöscht werden. Das Laufwerk erscheint danach leer, obwohl die Rohdaten physisch noch vorhanden sind – ihre Wiederherstellung ist unter Umständen machbar, aber äußerst komplex und aufwändig. Details hierzu finden Sie im letzten Blog-Beitrag SMR, Nichts ist mehr da wo es einmal war.
Smartphones wie iPhones (vermutlich ab iOS 3) und Android-Geräte (ab Version 4.3 Jelly Bean) nutzen ebenfalls TRIM. Wird das Gerät zurückgesetzt oder ein Werkreset durchgeführt, sind die gespeicherten Daten unwiederbringlich gelöscht – es sei denn, es existiert ein Cloud-Backup (z. B. via Google Drive oder iCloud). Gelöschte Daten werden ebenfalls kurzfristig durch TRIM entfernt. Bei gelöschten Bilder können die Daten gerettet werden - bis zu 30 Tage verbleiben diese im Papierkorb der Bildergalerie oder Fotos-App am Smartphone. Danach sind auch die Bilder unwiederherstellbar gelöscht.
Speicherkarten in einigen Digitalkameras, insbesondere von Casio oder die Alpha-Serie von Sony, führen beim Formatieren den Befehl MMC_ERASE aus – dabei wird der komplette Inhalt mit dem Leermustern (z.B. 0x00) zurückgesetzt. Auch hier ist eine Datenwiederherstellung kaum noch möglich.
RAID-Systeme stellen einen Sonderfall dar: Viele Hardware-RAID-Controller geben den TRIM-Befehl nicht an die SSDs weiter. Das Betriebssystem kommuniziert nur mit dem RAID-Volume – nicht mit den einzelnen HDD-Laufwerken/Flash-Speichern. In solchen Fällen ist eine Datenrettung fast immer möglich, sofern TRIM intern nicht aktiv ist.
TRIM ist ein wesentlicher Bestandteil moderner SSD-Technologie und trägt maßgeblich zu Leistung und Langlebigkeit bei. Für die Datenrettung bedeutet dies jedoch eine erhebliche Einschränkung: Ist TRIM aktiv, sind gelöschte Daten oft unwiderruflich verloren. Eine professionelle Wiederherstellung ist in diesen Fällen meist nicht mehr möglich – selbst mit Spezialverfahren und Labor-Equipment.
Unser Tipp: Wer wichtige Daten speichert, sollte regelmäßig Backups anlegen – idealerweise auf einem unabhängigen zweiten Datenträger, der nicht permanent angeschlossen ist. So lassen sich auch bei aktivem TRIM Datenverluste vermeiden.